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Seemannschaft mit Wilfried Erdmann
Verschiedene Tipps und Erfahrungen auf Basis von Frage und Antwort. Neben den detaillerten Ausführungen können hier die kurzen Tipps nachgelesen werden.
Sicherheit
Mit dem allseits verbreiteten Sicherheitswahn ist in der Tat Unsicherheit eingetreten. Dem Segler wird eine theoretische Sicherheit suggeriert, die es auf See nicht gibt. Ich weiß, solche Äußerungen sind hierzulande nicht sonderlich populär. Man kauft sich lieber alle Gegenstände, die unter dem Aspekt Sicherheit auf dem Markt sind, und die sollen einem dann das unfehlbare Sicherheitsgefühl vermitteln. Soll ich mir von Blazer gekleideten Herren auf der Messe sagen lassen was Sicherheit ist? Mein Basispaket: Sicherheit ist wholesomness sich gänzlich mit dem Boot wohl fühlen. Punkt.
In kurzen Sätzen: Die vorbeugende praktische Sicherheit kommt bei mir allemal vor gekauftem Sicherheitsgefühl mit Seenotausrüstung, Rettungsinsel und dergleichen. Damit will ich ausdrücken, daß es ungemein wichtig ist, wie man sich an Deck beim Arbeiten fühlt. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Beweglichkeit sind für mich Sicherheitsfaktor Nummero eins. Kurzum: Die mentale Sicherheit muß stimmen. Dieses Gefühl wird sich aber nur einstellen, wenn das Vertrauen zum Boot vorhanden ist und der Körper mitmacht. Nach einem Winter ohne Bewegung wäre ein Aufbautraining sinnvoll. Ein Training ist immer vernünftig, wenn man die Segelsaison gleich mit Crewsegeln beginnt und Verantwortung trägt. Ein prustender Schiffsführer wird den Respekt seiner Mitsegler schwerlich finden.
Also, zuerst kommt die körperliche Sicherheit für mich. Danach die vorbeugende praktische wie Seereling, Körbe, Handgriffe, Rutschfestigkeit und dann erst Rettungsweste, Seenotausrüstung mit Funk, Raketen, Rettungsinsel etc.
Im einzelnen zur praktischen Sicherheit: Sie wird bei mir auch in puncto Farbe groß geschrieben. Meine Sturmfock ist orange, die Genua farbig gestreift, damit sich das segelnde Schiff bei unsichtigem Wetter besser abzeichnet, zum Beispiel von Dampfern rechtzeitig oder überhaupt gesehen wird. Auch bei Ölzeug sollte die Farbe gelb oder rot vorherrschen. Auf eine hohe, vor allem feste Seereling inklusive hohem Bug- und Heckkorb lege ich besonderen Wert. Für eine seegehende Yacht wären 72 Zentimeter Höhe richtungsweisend. Ebenso eine Süllkante von mindestens 5 bis 10 Zentimeter. Bei Schräglage findet der Fuß sicheren Halt, sofern die Kante nicht aus aufgeschraubten Kunststoffleisten besteht. Das wirkt sich eher gegenteilig aus. Die Griffigkeit des Decks ist Voraussetzung, um bei Seegang sicher an Deck arbeiten zu können. Das Compudeck unserer Dehler 33 war beispielhaft.
Zur Sicherheitsausrüstung gehören die unterschiedlichsten Dinge. Griffleisten im Cockpitbereich. Sie fehlen auf allen gängigen Serienyachten. Selbst so simple Dinge wie ein Matrosenmesser, im Cockpit befestigt, trägt zur Sicherheit bei. In der Nähe des Niedergangs stehen bei mir immer zwei Überlebenscontainer, gefüllt mit Proviant, Messer, Angelzeug, Büchern, Tagebuch und Stiften, Seenotsignalen etc. An jedem Container ist eine lange Leine befestigt, damit er im Notfall zu sichern ist. Dicht am Niedergang lagert auch wasserdicht in einem Tupperwarebehälter eine Handfunke.
Auf Gurt, Weste, Lifelines, Rettungsring hinzuweisen ist wohl überflüssig. Solche Dinge hat man selbstverständlich an Bord, wenn der Kurs über See führt.
Ratsam, auch beim Küstensegeln, ist eine Rettungsboje die sogenannte IOR-Boje. Eine zwei Meter lange Spiere, an deren Spitze ein Licht und eine Flagge befestigt sind. Diese Boje, am Heck in einer Halterung gefahren, ist eine große Hilfe bei Mann-über-Bord-Manövern. Man kann sie auch bei bewegter See meilenweit sehen.

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