Die WeltumseglerinLeseprobe »Einmal im Leben«
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Einmal im Leben

Einmal im Leben eine Reise unternehmen, die alles verändert. Wer träumt nicht davon? Wer trägt sich nicht mit diesem Gedanken? Einmal die Brocken hinwerfen, Risiken eingehen und einfach lossegeln. Übers Meer, vielleicht um die ganze Welt. Den Alltag sozusagen im Kielwasser versenken. Raus aus dem »Eingeknicktsein«. Sich endlich entfalten können, ohne von anderen oder dem Apparat gehindert zu werden.

Manche träumen davon, bei der Arbeit, in ihrem Segelclub oder beim Bummel durch die Marina, und sie reden das ganze Leben davon, dass man eigentlich unter Segel aufbrechen müsste. Eben eine Reise zu machen, die alles verändert. Kein Alltag mehr mit Beruf, Steuer, Fernsehen, Rechnungen und ohne das »eingefrorene« Frühstück mit Zeitung und Brötchen. Keine Verpflichtungen. Nur sich selbst und der Natur verpflichtet.

Wir haben es einfach gemacht – 1969 (haben Sie zuvor gelesen) und vor allem 1976 erneut. Aufwendig und ein bisschen leichtsinnig war es schon. »Nirgendwo ist der deutsche Alltag weiter entfernt als im Pazifischen Ozean«, dachten wir. Also haben wir Beruf, Verpflichtungen, Wohnung, Kompromisse hinter uns gelassen und flogen zu dritt kurzerhand nach Neuseeland, wo wir uns in Auckland ein gebrauchtes Segelboot kauften. Es in einer Wochenaktion klarmachten, und nur drei Monate später erfreuten wir uns bereits am Kurs durch die pazifische Südsee.

Drei Dinge erleichterten uns den Start: Wir wussten, wo es hingehen sollte. Wir hatten das (vermeintlich) richtige Boot dafür gefunden. Und wir waren sicher, dass es das Ideale für uns sei – Südseesegeln mit drei bis vier Jahren Zeit im Gepäck. Wir folgten damit unseren Vorstellungen. Und ganz sicher wurde uns der Absprung erleichtert, weil wir kaum etwas Wertvolles an Möbeln, Hausrat oder dergleichen zu versorgen hatten.

Verrückt!, wurde uns attestiert. All das schöne, mühsam angesparte Geld in eine Segelreise zu stecken!

Ist es verrückt, sich mit Anfang 30 zu fragen, ob man nicht vielleicht sein Leben ändern will? »Wenn nicht jetzt, wann dann?«, sagte Wilfried, dessen Idee es übrigens war. »Am Ende der Reise ist zum einen der Junge gerade schulpflichtig, zum anderen wir beide noch jung genug, um auch im Berufsleben erneut Fuß zu fassen.«

Wir wollten mit Ozeanien unseren ganz persönlichen Träumen folgen. Wir wollten einen nicht alltäglichen Kurs wählen, abwechselnd bewohnte/unbewohnte Inseln und Buchten ansteuern, nach Gefallen die Liegezeit bemessen und selten besuchte Atolle und Lagunen aufsuchen. Eine simple Tour wird zum Nonsens, wenn das eigene Boot nicht dazu passt. Unsere in Neuseeland erworbene Kathena faa bot wenig Komfort, nein, sie strotzte vor Simplizität: keine Kühlung, keine Elektronik, kein Funk, keine Waschmaschine, gar nichts an sogenannten Erleichterungen. Navigiert wurde mithilfe des Sextanten, das Wetter zeigte uns das Barometer an, die Windrichtung ein Fähnchen am Rigg und den Speed ein mechanisches Log.

Im Gegenteiligen zum Landleben, im Ungewohnten, sollte der Reiz dieser Segelreise liegen.

Das war Wahnsinn: Wir waren beide beseelt von der Idee des einfachen Segelns. Und sind es bis heute. Wäsche waschen in der Pütz, kühlen per Verdunstungsprinzip, kochen mit Petroleum, lesen bei einer Sturmlaterne, den Anker Hand über Hand einholen und das Beiboot rudern.

Wir hatten noch einmal die Fähigkeit und die nötige Kraft entwickelt, den Kurs unseres Lebens selbst wählen zu können. Radikal? Es war zu dem Zeitpunkt der einzig richtige Weg – zumeist (geplant) ein Zickzackkurs. Wir hatten ein ansehnliches Boot, von den Linien her betrachtet, und meinten, damit die Realität zu meistern. Nun, wir waren nicht nur unterwegs zum Gucken, Sonnen, Schnorcheln, Segeln, wir wollten auch etwas schaffen und das Geschaffene anschließend verkaufen, genau wie bei den anderen Törns. Das bildete den wahren Maßstab unseres Reisetuns.

Die Vorstellung, abermals von zu Hause aus um die Welt zu segeln wie die beiden ersten Male, hat uns nicht wirklich gelockt. Daher der Aufwand und im Grunde gelungene Start vom anderen Ende der Welt.

Ein gutes Vierteljahr von der Idee bis zur Umsetzung (bei mir das Segelsetzen) ist keine lange Zeit. Dabei sind wir beide keine ungestümen Menschen, wechseln nicht schnell von einer Idee zur nächsten. Nein, absolut nicht. Erklärend hinzufügen möchte ich, dass wir anfangs nicht einmal annährend das perfekte Boot, die perfekte Ausrüstung hatten oder gar das perfekte Gefühl, eins mit dem Boot zu sein. Nur weil wir jung, unbekümmert und auch mutig waren, konnten wir mit unseren selbst ersegelten Erfahrungen,  angesparten Mitteln und unserem handwerklichem Geschick alles in die Tat umsetzen.

Das erleichterte vieles. Eigentlich alles.

Warum nun gerade der Pazifik? Ganz klar, er ist weit weg von Europa. Und nirgendwo gibt es mehr Wasser, mehr Inseln, freundlichere Menschen als im Pazifischen Ozean.


Noch Weiteres zur Umsetzung:

Sechs Wochen Vorbereitungszeit waren zu wenig. Es haperte in den ersten Monaten an vielem: Ordnung, Ausrüstung, Dichtigkeit (Leckagen an Fenster, Wassertankdeckel, Vorluk und vor allem an der Verbindung von Deck und Rumpf).

Aufgrund von Umbauten konnten wir uns Kathena faa nicht erwohnen und schlimmer: kaum ersegeln, bevor es auf die hohe See ging.

Ohne nautische Tafeln abzulegen bedeutete, nur mit der Breite zu navigieren. Naturgemäß hatten wir nach 1200 Meilen große Sorge beim Auffinden der Fidschi-Inseln.

Wir haben Kym auf Gedeih und Verderb von null auf zwölf Seetage katapultiert. Das Resultat: Er beanspruchte wesentlich mehr Aufmerksamkeit als erwartet.

Wir waren zu schlapp und abgearbeitet (Körper und Kopf), um gelöst in See zu stechen. Wir mussten das Schiff nicht nur für ein Seestück vorbereiten, sondern für drei Jahre. Das hieß an Handwerkszeug, Seekarten, Tauwerk, Spachtel, Politur (für GfK), Bücher, Kocherdüsen, Motorersatzteile, Spielzeug (für Kym) zu denken. Alles Dinge, die es bis Singapur nicht hinreichend gegeben hätte.














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Die Weltumseglerin
288 Seiten, 56 Farbfotos,30 S/W-Fotos und Faksimile, gebunden
Delius Klasing Verlag  |  EUR 22,90
ISBN 978-3-7688-2596-2

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